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ULTRA RUNNING | 22.06.2020 | Lukas Naegele

Herausforderung Ultramarathon: So trainierst Du richtig

Einmal im Leben einen Ultramarathon laufen – davon träumen viele Läufer. Vor allem beim Trail Running stehen Distanzen jenseits der 42 km Marathondistanz hoch im Kurs. Schließlich bietet das Gelände deutlich mehr Abwechslung als der klassische Straßenlauf und es wird auch auf langen Strecken nicht langweilig. Aber wie sieht eigentlich das Training für einen solchen Wettkampf aus? Wie trainiert man generell fürs Trail Running und was sind die Besonderheiten, die man bei der Vorbereitung auf einen Ultra beachten muss? Unser DYNAFIT Athleten-Manager und Sportwissenschaftler Lukas Naegele verrät Dir, wie Du Dich richtig vorbereitest.

Grundlagenwissen: Aerobes und anaerobes Training

Bevor wir tiefer in die Materie „Trainingsplan“ einsteigen, ist es wichtig die Grundlagen zu kennen und zu verstehen, wie der menschliche Körper eigentlich funktioniert. Was wollen wir überhaupt erreichen, wenn wir „trainieren“?

Im Endeffekt geht es immer darum, eine Leistung zu erbringen bzw. unseren Körper leistungsstärker zu machen. Wer in der Schule in Physik aufgepasst hat, der erinnert sich vielleicht noch. Leistung bezeichnet die während einer bestimmten Zeitspanne umgesetzte Energie. Kurz: Leistung = Energie / Zeit. 

 

 

Um eine entsprechende Leistung zu erzeugen, benötigen wir also Energie und genau das ist der Punkt, an dem wir arbeiten, wenn wir trainieren: an der Energiebereitstellung. Es gibt primär zwei Quellen, aus denen wir Energie gewinnen: Kohlenhydrate und Fette. Und es gibt zwei Wege, wie wir aus diesen Quellen Energie gewinnen können, nämlich das anaerobe System und das aerobe System. 

Anaerob bedeutet, dass wir über diesen Weg keinen Sauerstoff zur Energiegewinnung benötigen. Über den aeroben Weg benötigen wir hingegen Sauerstoff.  Nun ist wichtig zu wissen, dass beide Systeme IMMER parallel arbeiten. Wir gewinnen also stets über beide Systeme Energie und es ist nie so, dass nur das anaerobe oder nur das aerobe System arbeitet – egal ob nun unter Belastung oder in Ruhe.  

 

Betrachten wir uns den Vorgang der Energiegewinnung etwas genauer. Während unser Kohlehydrat-Speicher sehr begrenzt ist, stehen uns Fette nahezu unbegrenzt zur Verfügung. Das Problem: Der Körper greift immer zuerst auf die wertvollen Kohlehydrate zurück. Diese werden sehr schnell verstoffwechselt, ohne dass wir dazu Sauerstoff benötigen (also anaerob)  und wir erhalten auch dementsprechend schnell Energie. Eigentlich eine tolle Sache, aber ist der Speicher einmal leer, ist sprichwörtlich kein Benzin mehr im Tank. Wir sollten also dem Körper, besonders bei langen Belastungen, beibringen, möglichst sparsam mit dieser Form der Energiegewinnung umzugehen. Bei dem Prozess der Verstoffwechslung der Kohlehydrate entsteht Laktat. Ja genau, dieser Stoff, der immer als schlecht und schädlich dargestellt wird. Aber ist er das überhaupt? Ich kann Euch beruhigen, das ist er keinesfalls. Laktat an sich ist immer noch energiereich und das Schöne ist: Wir können diese Energie auch nutzen. Allerdings benötigen wir hierzu jetzt den Sauerstoff. Ist davon genügend vorhanden, so wird das angefallene Laktat eins zu eins direkt über den aeroben Weg weiter verstoffwechselt. 

 

Und die Fette? Hat der Körper genügend Sauerstoff zur Verfügung, also bei sehr niedrig intensiven Belastungen, greift er vermehrt auf die Fette zurück und hat damit eine Energiequelle von der er mehrere Stunden profitieren kann. Der entscheidende Unterschied zu Kohlehydraten ist jedoch, dass die Fette nur aerob, also mit Sauerstoff verstoffwechselt werden können.

Was bedeutet richtig trainieren?

Training bedeutet, die beiden energieliefernden Systeme zu verbessern. Dabei ist es zunächst einmal egal, für welche Strecke wir uns nun genau vorbereiten. Die Basis eines jeden Trainings für Ausdauersportarten ist immer die Verbesserung der Energiebereitstellung. Konkret heißt das:

 

1. Wir müssen dem Körper antrainieren mit seinem begrenzten Kohlenhydrat-Speicher sparsamer umzugehen (anaerobes System) 

 

2. Wir müssen es schaffen, mehr Sauerstoff durch den Körper zu transportieren, um aus Laktat und Fetten Energie zu gewinnen (aerobes System)

Tipps zur Verbesserung des anaeroben Stoffwechsels

Damit der Körper lernt, mit den wertvollen Kohlehydraten sparsamer umzugehen, sollte man kohlehydratarme Einheiten absolvieren: 

 

• Mit niedriger Intensität laufen, damit immer genügend Sauerstoff zur Verfügung steht. Wenn Du Dich während des Laufens noch gut unterhalten kannst, dann ist es genau richtig

• Lange und ruhige Läufe sind dementsprechend natürlich besser als schnelle und kurze Läufe

• Vor allem am Anfang sollte man aber nicht länger als 1,5h -2h kohlehydratarm laufen. Wichtig ist dabei, immer einen Notfall-Riegel oder ein Gel mit dabei zu haben

 

Der Körper lernt so, mit den wenigen Kohlehydraten, die ihm zur Verfügung stehen, zu haushalten und vermehrt Energie über die Fette zu generieren. 

 

Mein Tipp: Koffein ist ein Trigger für die Energiegewinnung über die Fette. Also gerne vor einem solchen Lauf noch einen Espresso trinken 

Tipps zur Verbesserung des aeroben Stoffwechsels

Ziel ist es, den Sauerstoffdurchfluss im Körper zu erhöhen. Das bedeutet, dass wir im Training einen hohen Sauerstoffdurchfluss erzeugen müssen, um Anpassungserscheinungen im Körper zu bewirken. Einen hohen Sauerstoffdurchfluss erzeugen wir immer durch intensives Training, sprich Intervalle, bei denen sich Belastungs- und Entlastungsphasen abwechseln.

 

• Diese Einheiten sollten immer mit einem vollen Kohlehydrat-Speicher stattfinden. 

• Intervalldauer zwischen 1-10 min

 

Mein Tipp: Berganläufe – z.B: 10 x 1 min bergauf, dazwischen jeweils   2 min Trabpause.

Besonderheiten: Training für Trail und Ultra Runner

Wie bereits erwähnt basiert das Training für jede Ausdauersportart  immer darauf,  die Energiebereitstellung zu verbessern. Hier unterscheidet sich das Training auf einen flachen Marathon, einen 100 km Straßenlauf oder einen Trail bzw. Berglauf nicht wesentlich. 

 

Allerdings kommt auf langen Distanzen neben der Energiebereitstellung noch die Komponente der Wettkampfdauer hinzu und damit das Thema der muskulären Ermüdung auf struktureller Ebene. Es macht eben einen Unterschied, ob ich den Körper zwischen drei und fünf Stunden den immer gleichen Belastungen aussetze oder wie bei einem Ultra in den Bergen zwischen 15 bis hin zu 25 Stunden. Mit anderen Worten: Ich muss auch die Muskulatur und den gesamten Bewegungsapparat auf die Belastung vorbereiten. Größter Unterschied bei Ultraläufen im Gelände bzw. beim Trail Running generell im Vergleich zu Wettkämpfen im Flachen oder auf der Straße, sind die zu bewältigenden Höhenmeter. Entgegen häufiger Vermutungen, sind es aber nicht die Passagen bergauf,  sondern die negativen Höhenmeter bergab, die uns am Ende wirklich wehtun. Auf die muss man sich gezielt vorbereiten.

Lauf-ABC und Stabilisierungsübungen

Das Training fürs Trail Running und die richtige Vorbereitung auf einen Ultramarathon sollte aus verschiedenen Komponenten bestehen:

 

1. Strukturiertes Training zur Verbesserung der Energiebereitstellung: 

// Kohlehydratarme Einheiten mit niedriger Intensität über eine lange Dauer zur Optimierung des anaeroben Stoffwechsels 

// Intensive Intervalle mit vollem Kohlehydrat-Speicher zur Verbesserung des aeroben Stoffwechsels 

 

2. Zweimal pro Woche Lauf-ABC zur Verbesserung der Laufökonomie 

 

3. Stabilisierungs- und Krafttraining als Basistraining im Winter

 

4. Höhenmeter sammeln,  um den Körper an die mechanische Belastung zu gewöhnen und am Berg zu ökonomisieren 

Das Lauf-ABC ist das Techniktraining für Läufer, das auch Laufschule genannt wird. Techniktraining ist für jeden Läufer wichtig und für –Bergläufer umso mehr. Dadurch verbessert sich die gesamte Laufökonomie. Lauf-ABC Übungen helfen dabei, leichter, schneller und verletzungsfrei zu laufen. Zweimal in der Woche ist es ratsam, in das Training das Lauf-ABC einzubauen. Diese Übungen sind bei vielen Sportlern nicht sehr beliebt, aber es lohnt sich und es reichen auch bereits zehn Minuten. Vorausgesetzt man macht es regelmäßig. 

 

Es bietet sich an,  das Lauf-ABC nach dem Warmlaufen vor intensiven Intervallen zu integrieren. Also Hopserlauf, Anfersen, Knieheben, seitwärts Laufen und Co. Es schult den Laufstil und kann nicht nur Verletzungen vorbeugen, sondern macht das Laufen vor allem auch effizienter! Wir bringen dem Körper bei, die Strukturen zu nutzen, die wir für die Fortbewegung zur Verfügung haben, ohne dass Sehnen und Bänder hierfür Energie benötigen.

 

Um die spezielle Belastung beim Trail Running und insbesondere beim Downhill auszuhalten, sind Stabilisationstraining bzw. Krafttraining ein Muss. Gerade im Winter empfehle ich, diese Übungen immer wieder mit in den Trainingsplan einzubauen. Zum einen sollte die  Rumpfmuskulatur mithilfe von Planks und Sit-ups gekräftigt werden. Zum anderen gilt es die Beinmuskulatur mit Übungen wie Squats oder Ausfallschritten zu trainieren. Sobald es witterungsbedingt möglich ist und je näher es in Richtung Wettkampf geht, desto wichtiger sind aber auch die Dauerläufe im bergigen Gelände, um möglichst viele Höhenmeter einzubauen. Dadurch wird neben der muskulären Belastung auch das ökonomische Laufen am Berg mit der richtigen Schrittlänge und einem ausgeprägten Kniehub trainiert.

Zusammenfassung: Training für Trail- und Ultra Runner